Mordsfrage

Nachdem Trump mit dem Austritt aus dem INF-Vertrag bereits die nächste Sau durch Dorf getrieben hat, erinnert sich der eine oder andere unter euch überhaupt noch an diese Anhörungen von Brett Kavanaugh und Christine Blasey Ford vor dem Justizausschuss des US-Senats?

Ich erwähne es nur deshalb nochmal, weil ich auf einen bestimmten Punkt hinaus will. Sowohl Herr Kavanaugh als auch Frau Blasey Ford haben bei ihrer Befragung erwähnt, das sie persönlich oder auch ihre Familien Todesdrohungen bekommen haben.

Das ist mir deshalb in Erinnerung geblieben, weil das offenbar mittlerweile trauriger Diskussionskulturalltag zu sein scheint.

social-morddrohung

Immer mehr habe ich den Eindruck, „Ich bring dich um“ ist das neue „Ich bin anderer Meinung als du“. Hin- und hergerissen zwischen absoluter Fassungslosigkeit und Wut frage ich mich, ob die Leute vergessen haben, dass eine Morddrohung in vermutlich jedem demokratischen Rechtssystem eine Straftat ist?

Mit welcher Chuzpe in den sozialen Netzwerken inzwischen scheinbar ohne Konsequenzen strafbare Äußerungen gemacht werden, erstaunt mich immer wieder. Deprimierend finde ich dabei, dass dies gefühlt immer öfter als Bagatelle weggewischt wird nach dem Motto:

Der hat sich halt ein bisschen im Ton vergriffen.

Bei unseren überlasteten Gerichten ist mein Wunsch nach strafrechtlicher Verfolgung in vielen dieser Fällen natürlich illusorisch, aber trotzdem wünschte ich mir manchmal ein personell gut besetztes Gericht, spezialisiert auf Straftaten in sozialen Netzwerken. Ein Digital-Gericht, wobei von witzigen Anspielungen auf das beA bitte Abstand genommen werden sollte. 😉

Dann könnte ich auch endlich mal ein paar dieser unhinterfragt und unrecherchiert an mich weitergeleiteten WhatsApp-Nachrichten des Bekanntenkreises über reich von unserem Staat beschenkte Flüchtlinge als das anzeigen was sie in meinen Augen sind – nämlich strafrechtlich relevante Volksverhetzung.

Lobo-sphärisch

Starten sollte ich diesen Artikel wohl mit dem Geständnis, das ich diesen schon dutzende Male gedanklich verfasst und dann doch immer wieder verworfen habe. Geht es doch im Wesentlichen um subjektive Kritik an Sascha Lobos Podcast beziehungsweise Ausdrucksweise, die streng genommen mehr mein Problem als das von Herrn Lobo ist.

Zuvor aber die in solchen Fällen üblichen, über den grünen Klee lobenden Worte. 🍀😁

Zunächst mal bin ich ein großer Fan sowohl von Herrn Lobos Kolumne als auch seinem Podcast. Ich würde mich wie er selbst politisch linksliberal-demokratisch und als großer Anhänger unserer sozialen Marktwirtschaft verorten, weshalb ich mit seinen Thesen oder Meinungen meist übereinstimme.

Selbst in den anderen Fällen haben mich seine Artikel und auch der Podcast stets zum Nachdenken gebracht, seinen Standpunkt verstehen oder teils auch meine eigenen Überzeugungen überdenken lassen.

So war ich beispielsweise bisher immer der verbissenen Ansicht, dass ein „guter“ Presseartikel für mich nicht nur Probleme anprangern sondern – wenn auch nur ansatzweise – zur Lösung beitragen sollte. Seine Ausführungen dazu haben mich verstehen lassen, warum manchmal „Kritik üben“ ausreicht.

All dies zur Erklärung, damit klar wird, aus welcher Ecke die Kritik kommt. Wenn ich also wie im Folgenden subjektive Kritik übe, dann zum einen, um zu erfahren, ob es dem einen oder anderen Leser/Hörer eventuell ähnlich geht und schlussendlich natürlich als dilettantisch vorgetragenes, konstruktives Feedback.

Lobo-Sphaere

Komplexe „Lobo“-Sphäre (vgl. Dyson)

Zuerst wäre da der Lobo’sche Sprachduktus, der mir regelmäßig einen Bublath’schen Flashback in meine Jugendtage beschert. Wort- und Silbenbetonungen an abenteuerlichen Satzstellen, gepaart mit Bildungssprachvokabelkanonaden gefolgt von exotisch platzierten Sprachpausen machen das Zuhören für mich manchmal zur akustischen Folter. Nach einer halben Stunde zehrender Konzentration muss ich regelmäßig eine Hörpause einlegen, sonst würde mein auditiver Cortex wohl einen Spasmus entwickeln. 😉

Wie oben schon angedeutet, könnte dies durchaus auch nur ein persönliches Problem sein. Es interessiert mich trotzdem, ob jemand von euch genauso denkt. Empfindet ihr längeres Zuhören als ebenso anstrengend? Geht euch der Sprachrhythmus und die Betonung salopp gesagt auch nach einiger Zeit „auf die (Hör-)Nerven?“

Schon seit seinen früheren Reden auf der re:publica schwanke ich immer zwischen dem Unverständnis, dass man mit so einem gefühlt verbesserungsfähigen Vortragsstil als professioneller und bezahlter Redner durchgehen kann und der leisen Hoffnung, dass ich an meine unzählbaren Unzulänglichkeit zu hohe Maßstäbe anlege.

Der andere große Kritikpunkt betrifft Satzbau und vor allem Wortwahl.

Die oben schon erwähnten bildungsprachlichen Einschläge lassen mich regelmäßig zweifeln, ob Herr Lobo damit nur zu einem abgeschotteten Klientel „predigt“, wenn es doch eigentlich angebracht wäre Artikel und Podcast so zu formulieren/zu verfassen dass sich auch Leute ohne Fremdwörterduden an einer gesellschaftsrelevanten Diskussion beteiligen.

Es mag nur meine persönliche Ansicht sein, aber wer breite Diskussionen zu einem Thema wie den gesellschaftlichen Auswirkungen der Digitalisierung anregen will, sollte in Vokabular und Satzbau wie schon Martin Luther „dem Volk aufs Maul schauen“ und nicht ständig seinen Universitätsabschluss heraushängen lassen.

Unabhängig von der Bildungssprache habe ich auch sonst den Eindruck, dass Herr Lobo gewollt oder ungewollt kompliziert formuliert, wenn es doch eigentlich immer viel einfacher und direkter ginge. Wo normalerweise ein Wort reicht, muss es in der Regel ein Stakkato von bis zu drei substantivierten oder adjektivierten Worten sein, die zeitlich im Sprachfluss genauso viel Platz einnehmen und deswegen von einer Denk- oder Atempause begleitet werden. Anstrengend!

Da es nicht bei reiner Theorie bleiben soll, habe ich mich bemüht, die Kritikpunkte an einigen konkreten Beispielen im letzten Podcast („Deutsche Einheit: Plädoyer für den digitalen Soli“) herauszustellen.

Wie wäre es zum Beispiel mit der sphärischen Beschreibung (10:28) oder sphärischen Ahnung (31:12), die für die Grafik oben Pate stand? Versteht ein unbeleckter Zuhörer auf Anhieb, was mit einem „identifikatorischen Moment“ (35:26) gemeint ist?

Ist ein im Gespräch fallen gelassenes lateinisches Sprichwort wie Cum grano salis (21:28) nicht ein Wedeln mit dem Diplom, wenn man es im nächsten Nebensatz sowieso dekodieren muss, statt es gleich „skeptisch zu betrachten“?

Sind radikal kontrastiv geprägte (5:39) Wortbiotope wie die beneidenswert und lobenswert klare Eindeutigkeit (32:14) wirklich für das Verständnis förderlich?

Soviel zu den Beispielen. Zu kleinlich will ich ein über einstündiges Gespräch ja auch nicht auseinander dividieren. Es hat hoffentlich meinen Standpunkt verdeutlicht.

Mehr fällt mir aus Zeitmangel momentan nicht ein. Das schließt auch einen abschließenden Satz mit ein. Deswegen verbleibe ich mit der Einladung mir in den Kommentaren euphorisch und Ja-sagerisch zuzustimmen oder mich verbal gekonnt eines Besseren zu belehren.

Nachtrag ( 11.10.2018 ):

Bild leicht überarbeitet.

Nachtrag ( 20.10.2018 ):

Zitat „beneidenswert und unlobenswert klare Eindeutigkeit“ nach Hinweis von Herrn Lobo korrigiert. Siehe dazu Kommentar unten.

Nachtrag ( 23.10.2018 ):

Zu meiner Überraschung (und Schock) habe ich es mit dem Beitrag in den letzten Podcast (ab 2:55) geschafft. Eindeutig mehr Aufmerksamkeit als mir normalerweise lieb ist.

Wobei an dem geringen Echo von Podcasts (34:05) wohl wirklich etwas dran ist, da laut WP.com-Blogstatistik trotz Erwähnung der Blog-URL tatsächlich nur zwei zusätzliche Aufrufe für den Beitrag verzeichnet wurden. Von daher doch kein Grund sich zu sorgen. 😅

Wenn man die eigenen Worte nochmal als Zitat vorgelesen bekommt, hat das auf einmal einen ungewollt harten Klang. Ich hoffe, meine Kritik kam nicht so unversöhnlich herüber, wie es sich für mich angehört hat.

Das Gesetz der Komik – in meiner Vorstellung ähnlich unbarmherzig wie die spanische Inquisition – hätte mich fast dazu gezwungen, einen Wortschatz-Beitrag zu Parataxengewitter zu verfassen. 😉

Jason Lanier zu Social Media

Nachdem mich bisher niemand meiner Leser auf Knien angefleht hat, mit Beiträgen zur Social-Media-Kritik aufzuhören, folgt hier aufgrund der sich bietenden Gelegenheit ein weiteres, kürzlich entdecktes Bonbon. 😀

Im Rahmen der Promo-Tour zu seinem neuen Buch „Zehn Gründe, warum du deine Social Media Accounts sofort löschen musst“ tritt Jaron Lanier — seines Zeichens VR-Pionier — zur Zeit in allerlei Talk Shows auf.

Gesehen habe ich eigentlich seinen Auftritt bei Christiane Amanpour auf CNN, aber das Interview für Channel 4 News ist in meinen Augen noch ausführlicher und erhellender.

Interessant fand ich vor allem die Ausführungen zu den auf den Plattformen (Google, Facebook, Twitter, …) herrschenden Algorithmen und deren Auswirkungen auf unsere Gesellschaft.

Überraschenderweise hält Herr Lanier den US-Präsidenten für eines der bekanntesten Opfer, da er ihm aufgrund dessen exzessiver Twitter-Nutzung im Vergleich mit früheren persönlichen Begegnungen eine massive, ‚Social Media‘-typische Änderung seines Charakters attestiert.

Zu erwähnen wäre wohl auch noch, das Herr Lanier ‚Social Media‘ nicht per se verteufelt, sondern die These vertritt, man könnte die positiven Aspekte nutzen und müsste nur das dahinter stehende Geschäftsmodell ändern.

Weg von der Werbefinanzierung/Kaufentscheidungsmanipulation/Profilerstellung hin zu einem bezahlten Dienst wie Netflix.

Alles in allem ein wirklich sehenswerter Beitrag.

Zeittöter – MonkeyHappy.com

feature-icon-gamesErschreckt musste ich kürzlich feststellen, dass ich meine lockere Reihe über zeittötende Browserspiele seit über eineinhalb Jahren sträflich vernachlässigt habe.

Angesicht der immer noch erdrückend heißen Temperaturen – abgesehen von den kurzen mit versicherungsschädlichen Spontangewittern einhergehenden Abkühlungen – passt diese „leichte Kost“ dementsprechend gut in den aktuellen geistigen Ernährungsplan. 😉

Ein bisher unerwähntes Spielgenre in dieser Reihe sind die Point-and-Click Adventures. Spiele, in denen man in guter Abenteurermanier per Mausklick Gegenstände in sein Inventar zusammen klickt und diese miteinander oder der Spielszene kombiniert. Garniert mit ein paar Logik- und Denkrätseln et voilà hat man ein Point-and-Click Adventure.

Meine Lieblingsanlaufstelle für diese Art Zeitannihilation, um die es in diesem Beitrag gehen soll, ist MonkeyHappy.com

Games-Monkeyhappy

Die Rätsel bzw. Level sind wie ich finde recht kurzweilig und bis auf ein paar persönliche Ausnahmen mit Beobachtungsgabe, ein bisschen Room-Escape-Erfahrung und Geduld leicht zu lösen. Einer der angenehmeren Zeitvertreibe.

Da der Autor sich mittlerweile dem 200. Level nähert, ist es zudem eine wunderbare Gelegenheit für das, was unsere Instagram-ende und Snapchat-ende Jugend wohl einen Shout-Out nennen würde.

YouTube = Lorbeerenausruher?

Dieser Beitrag ist streng genommen ein reiner Gehirnfurz, dem lediglich eine Art Bauchgefühl zu Grunde liegt. Aber mangels einer besseren Idee flatuliere ich eben einfach mal ins Blaue.

Wie der Titel schon andeutet, soll das Thema YouTube sein. Speziell mein Bauchgefühl, das darin besteht, dass Google sich mit YouTube meiner Meinung nach auf früher erworbenen Lorbeeren und dem fast schon monopolistisch anmutenden Marktanteil ausruht.youtube-icon-bigWenn einem ‚Silicon Valley‘-basierten Unternehmen normalerweise innovative und schnell iterierende Qualitäten nachgesagt werden, drängt sich mir bei YouTube in letzter Zeit eher der Eindruck einer ehemaligen Bundespost oder die „letzten großen Tage“ des Nokia Konzerns vor der Einführung des ersten iPhones auf.

Dabei will ich gar nicht mal von der ganzen negativen PR in jüngster Zeit reden. Ob nun die Logan Paul ‚Suicide Forest‘-Geschichte (siehe das Robert Kyncl-Interview bei Casey Neistat), weglaufende Werbekunden, der Missbrauch des Copyright-Systems, ständige ungewollte Änderungen am Benutzererlebnis, … die Liste ließe sich bestimmt unendlich verlängern. Ich rede viel mehr von der technischen Seite.

Soll das, was auf YouTube in Sachen Video passiert, wirklich schon das höchste der Gefühle gewesen sein?

Wieso sehen alle Channel so aus, als kämen sie aus einem Homepage-Baukasten? Wieso haben die Channel-Betreiber nicht mehr gestalterische Freiheit was das Design betrifft? Und sei es nur die Hintergrund- und Schriftfarbe ihrer Kanäle? Wieso die kryptischen Channel-URLs und keine eigenen, aufschaltbaren Domains?

Sind „More info“-Links und „Related Videos“ wirklich das interaktivste, was ein YouTube-Video hergibt? Wieso waren Annotations immer nur schnöde Rechtecke, wenn selbst der alte HTML 4.0 Standard schon polygone Verweisflächen kannte? Kann man da – zugegeben naiv gefragt – nichts mit SVG zaubern, was sowohl am Desktop als auch dem Smartphone funktioniert?

Wieso gibt es noch keine automatische Songerkennung inklusive entsprechendem Tab in den Video-Infos? Stattdessen Millionen von Kommentaren, die nach den Songs bei bestimmten Zeitstempeln fragen? Kann man das nicht während des Konvertieren des hochgeladenen Videos erledigen, wenn Apps wie Shazam die technische Machbarkeit beweisen?

Das sind nur einige unausgegorene Ideen und Fragen, die mich beschäftigen und meinen Eindruck über YouTube verstärken. Die Gesamtsituation wirkt so uninspiriert, festgefahren, fresskomafaul, innovationsarm, … sucht euch etwas aus. 😉

Fast fühle ich mich an das Jahr 2004 erinnert, als der Markt für Blogsysteme von Movable Type dominiert wurde und niemand ernsthaft Platz für ein weiteres Blogsystem gesehen hat. Der Siegeszug von WordPress nach Six Aparts Änderung des Preismodells ist längst genauso Geschichte wie die des iPhones über Nokia.

Wenn ich mir den gegenwärtigen Zustand von YouTube ansehe, gewinne ich jedenfalls immer mehr den Eindruck, dass auch hier die Zeit gekommen ist, dass ein hungriger Aufsteiger das sicher geglaubte Marktumfeld von hinten aufrollt. Oder bin ich der einzige, der so einen leichten YouTube-Muffgeruch in der Nase hat?

Wie ist eure Meinung? Ist da was dran oder bin ich auf dem Holzweg? Welches Features fehlen euch auf YouTube oder sollten erfunden werden? Alles dazu gerne in die Kommentare. 😀