Lektorat wird ausgespart!

Böse Zungen könnten behaupten, es handele sich angesichts der weltweiten Krisenherde um ein Luxusproblem bzw. das in Memen viel zitierte „First World Problem“, aber dennoch muss ich diese Woche wieder mal eine Fuhre Alltagswut abladen, bevor es mir in Form eines Geschwürs ein Loch in den Magen brennt. 😉

Kann es sein, dass die „Rechtschreibung ist für Loser“-Generation (Genärazion-Hä?), die früher schon nach zarter Kritik in Diskussionsforen ein amtlich beglaubigtes Zeugnis für eine attestierte Lese-/Schreibschwäche vorlegte, mittlerweile in den Redaktionsräumen unserer Presseerzeugnisse Dienst schiebt? Kann man in der Presselandschaft von heute ohne „Duden Korrektor“ keinen sinnvollen und fehlerfreien Satz mehr zu Papier bringen? Hat man denn überall das gute alte Lektorat gegen eine Word-Rechtschreibhilfe eingetauscht?

Versteht mich nicht falsch, ich bin bestimmt nicht das, was man im angelsächsischen Raum geflissentlich einen „grammar nazi nennt. Ich bin bei all der Tipperei auf Tastatur und Touchscreen auch nicht frei von Fehl und Tadel und kann über den einen oder anderen Tippfehler geflissentlich hinwegsehen. Wenn sich Fehler in einem Text aber stark häufen oder beim Schreiben Wortkonstrukte stehen bleiben, die selbst ein Laib Brot beim Korrekturlesen entdeckt hätte, frage ich mich schon, welchen Qualitätsanspruch der jeweilige Autor an seine eigenen Texte anlegt.

Letztens servierte beispielsweise der Spiegel eine dieser Perlen:

ohne-lektorat-spiegel

Hat das irgend etwas mit Telefonen zu tun? Ein „Fossilfon“? Haben Archäologen hier ein Fohlen der alt-sibirischen Rasse von Fossilfon-Pferden entdeckt? Kann sich so eine Schlagzeile an der Word-Rechtschreibung vorbei mogeln?

Oder hier ein schönes Ding aus der aktuellen Ausgabe der c’t:

ohne-lektorat-ct2

Dabei sind das nicht mal die schlimmsten Klopfer. Immer öfter stoße ich beim Lesen auf Wortbrei, der zwar orthografisch korrekt ist aber syntaktisch bzw. grammatikalisch keinen Sinn ergibt.

Hier beginnt dann immer das Rätselraten darüber, was der Autor ursprünglich gemeint haben könnte. Mit einmaligen Lesen ist es bei solchen Sätzen meist nicht getan. Jeder weitere Lesedurchgang auf Sinnsuche verfestigt das Bild eines gelangweilt dreinblickenden Tastendreschers, der mit aufgesetzter „Dienst nach Vorschrift“-Miene und „Mir doch scheiß egal“-Attitüde unappetitlich den Rotz in der Nase hochzieht, während er seine Texte auf den Bildschirm erbricht. Die Interpretation wird geflissentlich dem Leser überlassen.

Auch hier steht heute mal c’t Pate:

ohne-lektorat-ct1

… gutgeschrieben wurde worden war.

Der Leser möge sich bitte für seine bevorzugte Variante entscheiden. 😉

Aber Spaß beiseite. Werden Artikel wirklich nicht mal mehr vom Autor gegengelesen, um die größten Schnitzer auszubügeln?

Ich weiß ja nicht, wie es euch anderen da draußen geht, aber eine dermaßen verlotterte Rechtschreibung oder Grammatik, dass man Sätze oder ganze Absätze zum Verständnis mehrere Male lesen muss, drückt für meine Begriffe nichts anderes als Geringschätzung gegenüber dem Leser aus.

Wer an sein eigenes Werk so geringe Qualitätsansprüche stellt, kann nach meinem Dafürhalten gleich Sprüche auf die Klowand kritzeln, hat aber in einer Zeitungsredaktion nichts verloren.

4 Gedanken zu “Lektorat wird ausgespart!

  1. Ich mag das auch nicht und schüttele den Kopf darüber.

    Aber Lektorat ist teuer und eigene Fehler findet man viel schlechter als fremde. Wenn der Abgabetermin denn Zeit lässt, einen Text ein zweites oder gar drittes Mal zu lesen.

    • Mir ist natürlich klar, das Lektorat in der heutigen Zeit zu teuer ist. Aber ich denke schon, dass man an ein journalistisches Medium höhere Qualitätsansprüche stellen kann als den Durchschnittsbürger.

      Ein abschließendes Lesen auf Verständlichkeit und korrigieren der durch das Redaktionssystem angezeigten Fehler ist glaube ich nicht zu viel verlangt.

      Ich habe auch Verständnis für die Schwierigkeit, für eigene Fehler “blind“ zu sein, aber „con“ oder „fon“ statt „von“ sollte wirklich jedem Autor beim Durchlesen auffallen. Ganz zu schweigen von richtig schweren Grammatikfehlern.

  2. Mittlerweile ist man ja auch Spießer, wenn man dem Kevin sagt, dass man durchaus Kommas und Groß-/Kleinschreibung benutzen darf. Da fragt man halt mal nach, was der eine oder andere Absatz zu bedeuten hat, weil der Text so verunglückt ist, dass man den Inhalt komplett nicht verstehen kann – und die Leute haben dann noch den Nerv schwerst beleidigt zu sein. Da wird man mitunter von der Mutter einer Erwachsenen(!) angeranzt, wie man bloß der ach so sensiblen Chantal ihren Text um die Ohren hauen kann.

    Egal. Bin ich halt das Grammatik-Nazi-Drecksschwein. Ich liebe Eure Tränen!

    Aber so ein halber Faulheitslegastheniker sollte dann nicht bei mir in der Buchhandlung aufschlagen und eine Diskussion vom Zaun brechen. Flüchtigkeitsfehler macht jeder. Sich allerdings hinzustellen und zu behaupten, der Duden sei jedes Mal im Unrecht, wenn man auf Fehler aufmerksam gemacht wird… ist schon eine besondere Klasse an Dummdreistigkeit. Wenn dann so jemand auch noch Mitarbeiter ist und ständig Texte anderer Leute verschlimmbessert, aber bei Widerspruch wegen Mobbing zum Betriebrat rennt und was von anerkannter Rechtschreibschwäche faselt – dann sollte man seine Wixgriffel von Texten anderer Leute lassen und die Fresseluke fest verschlossen halten!

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