AfD-Gesinnungscheck

Eine Geschichte, die nach meiner Meinung in den letzten Wochen mehr Aufmerksamkeit verdient gehabt hätte, war die über die Online-Meldeplattformen der AfD zur Denunziation gegen das Neutralitätsgebot verstoßende Lehrer an deutschen Schulen.

Der Spiegel-Artikel erwähnt zu Recht den geschichtlich üblen Stallgeruch, der mit Gesinnungsschnüffelei, der Ausgrenzung Andersdenkender und (anonymer) Denunziation einhergeht. Mich persönlich hat das Ganze an die Sandmännchen-Schnüffelei der DDR-Staatssicherheit erinnert.

Da es sowohl in Ost- wie Westdeutschland ein Sandmännchen im Fernsehen gab, hat man anhand der Kinderzeichnungen wegen der markanten Unterschiede der beiden Figuren gewusst, wer zu Hause West-Fernsehen sieht. Ob Herr Mielke (Liebhaber aller Menschen) beim Ausspruch „Kindermund tut Wahrheit kund“ wohl ein Zelt in seiner Hose aufgespannt hat?

Mit Nazi- und Stasi-Parallelen will ich mich aber gar nicht aufhalten. Mir geht es bloß um die schlichte Erkenntnis, wes Geistes Kind manche der in der AfD verantwortlichen Leute sind. Den Bogen den ich schlage möchte, ist der zur Vorratsdatenspeicherung.

AfD-Stasi

Wer bei der Vorstellung von großen Vorratsdatenhalden in Kombination mit der hier offen zu Tage tretenden Gesinnung keine Stresspickel bekommt, hat nicht begriffen, das Recht zum Schutz der Minderheit vor der Mehrheit existiert.

Wie kann man als Berufspolitiker auf der einen Seite zu Recht Nazi- und Stasi-Parallelen ziehen und gleichzeitig für so etwas Grundrechtseinschneidendes wie die Vorratsdatenspeicherung stimmen?

Fehlt diesen Leuten wirklich die Fantasie, dass es eine Zeit geben könnte, in der die AfD in Regierungsverantwortung steht und deren Schergen dann mit ausgedruckten Listen oder der Zukunft zugewandten Tablets wie einst die Nazis in den Niederlanden durch Deutschlands Straßenzüge ziehen und „Gesinnungsverbrecher“ internieren?

VDS + CryptoWars + AfD = 😨

Ein Aspekt kommt mir bei dem Instrument der Vorratsdatenspeicherung, der Diskussion zur Verschärfung selbiger und der gezielten Schwächung von Verschlüsselung (Stichwort „Crypto Wars“) ein bisschen zu kurz.

Als ob der massive Abbau der Grundrechte nicht schon schlimm genug ist, kommen jetzt die jüngsten Wahlerfolge der AfD hinzu. Die Vorstellung, dass der rechte AfD-Pöbel mit Ermittlungsinstrumenten, die wir ihm selbst an die Hand gegeben haben, in einer dystopischen Zukunft bis in die eigenen vier Wände hineinschnüffelt, ob auch tatsächlich die „korräktä Gesännong“ vorliegt und der Haushalt nur „gotä doitschä Börgär“ beherbergt, ist ein Alptraum, über den viel zu wenig geschrieben wird.

https://twitter.com/Der_Fuehrer/status/705865869080043522

Selbst der härteste und konservatiste Regierungshardliner sollte hier im schummrigen Kämmerlein für einen Moment beim Blick auf die Bildschirme mit den durchtickernden, privaten Daten der Bürger das Masturbieren einstellen und sich fragen, ob die Sache gründlich genug zu Ende gedacht wurde.

Entschuldigt bitte den leicht populistischen Unterton, aber die jüngsten Berliner Wahlergebnisse und eine zurückrudernde Kanzlerin haben sich nicht gerade positiv auf meine ohnehin vorhandenen, alltäglichen Zukunftsängste ausgewirkt. 😉

Hans-Peter Uhl & Vorratsdatenspeicherung

Wenn ich dem CSU-Innenexperten Hans-Peter Uhl so zuhöre, gewinne ich manchmal den Eindruck, dass er Bürgerrechte generell nur als ein Hindernis bei der Aufklärung von kriminellen Straftaten versteht.

Die Vorgänge in Toulouse sind für ihn ein Beleg für die Notwendigkeit einer Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung. Besonders perfide finde ich die Argumentation, dass wir sie brauchen, weil sie Leben retten könnte.

Nach dieser Logik könnte man genauso gut das Autofahren verbieten, weil das zweifellos den vielen Verkehrstoten jedes Jahr das Leben retten würde. Warum sind Todesopfer im Straßenverkehr also offensichtlich akzeptabel, während die Straftaten eines islamischen Extremisten eine massive Beschneidung der Bürgerrechte rechtfertigen?

Wir reden immerhin über die Einführung der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung. Das heißt, jeder Bürger steht unter einem Generalverdacht und muss die Aufzeichnung seiner kompletten Kommunikationsdaten tolerieren.

Ich weiß ja nicht wie es euch geht, aber jedesmal wenn ich das Wort „anlasslos“ höre, habe ich das Bild des Stasi-Aktenarchivs vor Augen. Ich kann bis heute nicht verstehen, warum die großen Bedenken der Bevölkerung in Politikerkreisen bis heute nicht verstanden beziehungsweise ignoriert werden.

Man kann sich meinetwegen noch solange über die Länge der Speicherfristen streiten. Solange die Vorratsdatenspeicherung „anlasslos“ erfolgt, ist sie rundherum abzulehnen. Ein „bisschen anlasslos“ gibt es nicht.

Dazu kommt, dass, entgegen der Behauptung von Herrn Uhl, der Serienmörder von Toulouse laut Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung ohne Vorratsdatenspeicherung identifiziert wurde.

Europawahl

Bevor ihr nun ob der allgemeinen Politikverdrossenheit und langjährigen Enttäuschungen als Mitglieder der Generation C64 bei der morgen anstehenden Europawahl wieder als Nichtwähler in Erscheinung tretet, solltet ihr vielleicht mal einen Blick auf die auf dem Wahlzettel stehende Piratenpartei Deutschlands werfen.

Immerhin besser als das momentane „über-unsere-Köpfe-regieren“ der unter Bloggern und NeueTechnologienverstehern wenig beliebten Volksparteien.

Wer bisher noch nicht die Zeit gefunden hat, sich über die Beiträge der etablierten Parteien in Sachen Demokratieabbau und gläserner Bürger zu informieren, findet vielleicht auf der Seite „Bürgerrechte wählen“ des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung die nötigen Informationen unter dem Punkt Parteien im Vergleich.

Erstaunt hat mich ein bisschen, das ich lange nichts von der Kandidatur der Piratenpartei zur Europawahl mitgekriegt habe. Von der Generation Internet hätte ich mir da eindeutig mehr erwartet. Virale YouTube Kampagnen mit Schockervideos über die düstere Zukunft oder einen TV-Werbespot, der ähnlich wie damals die Anzeigen in der New York Times des Spread Firefox Projektes durch die Bloggergemeinde zusammengestellt/finanziert/… wird. Nur so ein Gedanke.

Bis vor ein paar Tagen wußte ich jedenfalls nichts von einer Kandidatur zur Europawahl. Ich bezweifle auch, das außerhalb der Generation C64 viele etwas mit dem Namen „Piratenpartei“ anfangen können, obwohl auch diesen Leuten der ungezügelt Daten-sammelende Staat langsam unheimlich wird. In meinen Augen eine verpasste Chance. Ich wette beim Namen „Piratenpartei“ haben wahrscheinlich viele geistig verkrustete Menschen das Bild einer feuchtfröhlichen Wahlkampfparty der Anarchistischen Pogo-Partei Deutschlands vor Augen. 😉 😆

Deswegen heute noch kurz vor der Wahl mein kleiner Appell. Informiert euch über die zur Wahl stehenden Parteien und macht morgen euer Kreuz, damit Leute wie Wolfgang Schäuble oder Frau von der Leyen erfahren, dass es noch Leute gibt, denen etwas an unserer Privatsphäre und Verfassung liegt. 🙂

Falls ihr bei all dem vielen Text auf den verlinkten Seiten schon beim Anblick Stresspickel bekommt, hilft euch evenutell auch der Wahl-o-Mat zur Europawahl weiter, der euch anhand einiger Fragen zu eurer Wunschpartei führt.

Zum Abschluß will ich noch klarstellen, dass ich in keiner Verbindung zur Piratenpartei oder irgend einer anderen Partei stehe. Das hier soll keine Wahlwerbung sein, sondern nur ein Appell eure Meinung mit einem Kreuzchen morgen kund zu tun.

Jansen Klaus lässt es raus

Wenn die Spitzelaffäre rund um die Telekom nicht so traurig und ekelhaft wäre, müsste man den Telekom-Oberen fasst dankbar sein, dass man unseren Politikern in der Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung endlich ihre Irrungen vor Augen führen kann.

Endlich etwas, auf das man mit den Fingern zeigen kann. Handfeste Argumente statt theoretischer Diskussionen mit viel heißer Luft.

Wie immer in solchen Fällen ist sofort jemand zur Stelle, der ob der vorliegenden Ereignisse seine Chance gekommen sieht, mit hilfreich gemeinten Vorschlägen und klugen Ideen über ein kleines Hintertürchen den Überwachungsstaat zu etablieren.

So sah sich der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) Klaus Jansen offenbar zu folgender Aussage gezwungen.

„Die Telekom-Affäre ist eine Riesenchance für den Datenschutz, die wir nutzen müssen.“ Es sei offensichtlich, dass sensible Kundendaten bei privaten Unternehmen „mehr als schlecht aufgehoben sind“.

Daraus ergibt sich seine Schlussforderung bzw. geniale Idee:

Sämtliche Verbindungsdaten bei Telekommunikations-Unternehmen sollten künftig in einem Sicherheits-Center unter Aufsicht von Datenschützern hinterlegt werden. Darauf könnten dann sowohl Unternehmen zu Abrechnungszwecken als auch der Staat zur Strafverfolgung zugreifen – unter strenger Kontrolle.

Strenge Kontrolle? Legen wir hier eine künstlerische Pause ein, um das allgemeine Gelächter wieder abebben zu lassen. Ich kann mir vorstellen bei dieser Aussage hat er mit dem Auge gezwinkert. 😉

Weil sich unsere Datenschützer ja bisher durch so hervorragende Arbeit ausgezeichnet haben. Wo waren diese Leute denn, als über die Vorratsdatenspeichung beraten wurde? Wieso muss erst das Bundesverfassungsgericht feststellen, dass so etwas verfassungswidrig ist?

Wir wollen auch die Geschichten um den einen oder anderen Richter nicht vergessen, der bei Wohnraumdurchsuchungen schnell seinen Stift zur Unterschrift zückt, ohne die Fakten zu kontrollieren.

In welcher Welt leben denn solche Leute wie Herr Jansen? Hat er immer noch nicht verstanden, um was es dem Bürger bei der Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung geht?

Ein zentrales Verbindungsdatenlager unter staatlicher Kontrolle klingt für mich jedenfalls wie ein 1984er Alptraum.

Noch dazu streng kontrolliert von unseren fähigen 😉 Datenschützern. Da können wir unsere Verbindungsdaten ja gleich über riesige Bildschirme in der Innenstadt tickern lassen. Public Viewing für unsere Behörden und jeden, den es interessiert. Inklusive einer Fanmeile für unsere Werbeindustrie.

Der Artikel über den britischen Studenten Rizwaan Sabir, der wegen der Recherchen für seine Doktorarbeit über den Terrorismus sechs Tage ins Gefängnis einquartiert wurde, verbuche ich in dem Zusammenhang mal unter Fügung des Schicksals.

Da hätte Herr Jansen gar nicht weit scrollen müssen, um sich ein Worst Case Szenario auszumalen. Ich bezweifle allerdings, das er diesen Aspekt überhaupt in seine Überlegungen mit einbezieht. Sowas wird bei ihm wahrscheinlich unter Kollateralschaden abgebucht.

Während die Öffentlichkeit diskutiert, ob eine Erhebung von Verbindungsdaten zur langfristigen Speicherung überhaupt gerechtfertigt ist, streiten sich die Verantwortlichen lediglich darum, wer die Daten denn jetzt speichern und beaufsichtigen soll. Als wäre die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Speicherung schon längst vorweggenommen. Es ist zum Knochen kotzen. 👿

Wer stoppt diesen Wahnsinn?

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